Lektion 7: Strategien zur Altersvorsorge mit dem Aktiendepot

LEKTION 7: MÖGLICHE STRATEGIEN ZUR ALTERSVORSORGE MIT EINEM AKTIENDEPOT

Aktien können den entscheidenden Beitrag zur privaten Altersvorsorge leisten. Unter einem bestimmten Blickwinkel bieten Direktinvestitionen ohne Umwege in den Aktienmarkt mehr als gesetzliche Rente, Lebensversicherung und staatlich geförderte Altersvorsorge heute noch bieten können. Wichtig ist eine ausgereifte und langfristig tragfähige Anlagestrategie.

In dieser Lektion erfährst Du… 

  • Warum Aktien für die Altersvorsorge besser sind als ihr Ruf
  • Welche Strategien zur Altersvorsorge mit Aktien es gibt
  • Wie das Risiko eines Aktiendepots mit Annäherung an den Renteneintritt schrittweise reduziert werden kann

Deutschland besitzt – anders als z. B. die USA – keine „Aktienkultur“: Im Jahr 2013 besaßen lediglich 4,6 Millionen Bundesbürger Aktien, was einem Anteil von 7,1 Prozent an der Gesamtbevölkerung entspricht. Das ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass Investitionen in Aktien häufig über Aktienfonds getätigt werden. Aktienanlagen besitzen in Deutschland vor allem im Zusammenhang mit der privaten Altersvorsorge keinen guten Ruf. Die Deutschen setzen stattdessen auf Lebens- und Rentenversicherungen, die gesetzliche Rente und staatlich geförderte Altersvorsorgeprodukte wie die Riester-Rente.

Aktien eignen sich eindeutig für die Altersvorsorge

EDU_Icon_0002_ChartsDen deutschen Favoriten der Altersvorsorge ist eine schwache Rendite gemein: Die reale Verzinsung von Lebens- und Rentenversicherungen tendiert gegen null und die staatlich geförderten Produkte sind bislang vor allem durch hohe Verwaltungskosten und niedrige Erträge aufgefallen. Die gesetzliche Rente steht  aufgrund der demographischen Entwicklungen vor – um es positiv zu formulieren – großen Herausforderungen.

Aktien können ein Ausweg aus dem Dilemma sein: Sie bieten attraktive Ertragschancen, einen Schutz gegen Inflation, sind ausgesprochen kostengünstig und dürften diese Eigenschaften in einer vernetzten und globalen Weltwirtschaft auch nicht infolge der demographischen Entwicklungen in Deutschland einbüßen. Wenn sich Aktien grundsätzlich für die Altersvorsorge eignen braucht es nur noch zwei Dinge: Erstens eine optimale Strategie und zweitens ein Konzept zur Absicherung der Kursrisiken für die Jahre vor dem Renteneintritt.

Aktienstrategien für die Altersvorsorge

Führe Dir vor Augen, welche Voraussetzungen eine Aktienstrategie erfüllen muss, damit sie sich für die private Altersvorsorge eignet.

  • Die Strategie muss sich mit überschaubaren Transaktionskosten umsetzen lassen
  • Das Risiko muss gut gestreut sein
  • Im Idealfall besteht die Möglichkeit einer temporären Absicherung zu niedrigen Kosten
  • Die Strategie muss erwartungsgemäß höhere Erträge bieten als ein Gesamtmarkt-ETF
  • In den Jahren vor dem Renteneintritt muss das Risiko reduziert werden können

Dividendenstrategie

EDU_Icon_0012_AktienDie meisten Anlagestrategien basieren auf einer oder mehreren Fundamentalkennzahlen. Sehr bekannt ist u.a. die Dividendenstrategie. Dabei werden einmal pro Jahr die Aktien mit der höchsten Dividendenrendite ausgewählt und das Gesamtkapital auf diese Aktien verteilt. Im Folgejahr wird die Dividendenrendite erneut geprüft  – die im Portfolio befindlichen Aktien mit der niedrigsten Dividende werden gegen andere Aktien mit höherer Dividendenrendite ausgetauscht.

Ein Beispiel: Du wählst am 02. Januar die 50 Aktien mit der höchsten Dividendenrendite aus DAX, EuroStoxx50 und S&P 100 aus und kaufst die entsprechenden Papiere. Bei 50 Trades über je 1.000 EUR betragen die Transaktionskosten ca. 400 Euro. Nach genau einem Jahr suchst Du erneut nach den 50 Aktien mit der zu diesem Zeitpunkt höchsten Dividendenrendite. In den meisten Jahren wirst Du nicht mehr als 15 Aktien austauschen müssen.

Wechselkursrisiken bei international aufgestelltem Portfolio

EDU_Icon_0005_RisikoEin entscheidender Punkt bei jeder auf Kennzahlen basierenden Aktienstrategie ist die Auswahlbasis. Du kannst ausschließlich Blue Chips aus dem Euro-Raum zulassen und dadurch Währungsrisiken vermeiden. Wenn Du Aktien aus ganz (West-)Europa (also inklusive Skandinavien, Schweiz und Großbritannien), Nordamerika, Japan und Australien/Neuseeland in die Auswahl einbeziehst erreichst Du eine größere Streuung, musst aber auch mit Wechselkursrisiken leben. Wenn Du z. B. eine Aktie in USD kaufst kann am Ende ein Verlust eintreten, obwohl die Aktie selbst im Kurs gestiegen ist. Das passiert immer, wenn der USD zum Euro abwertet.

Es gibt eine relativ einfache Möglichkeit, Wechselkursrisiken zu umgehen. Eröffne dazu bei Deinem Broker Fremdwährungskonten. Die sind meistens kostenlos und werden nicht in Euro, sondern in USD, GBP. CHF usw. geführt. Überweise einmalig Geld von dem in Euro geführten Verrechnungskonto auf die Fremdwährungskonten – jeweils in etwa so viel, wie für Aktienanlagen in der jeweiligen Währung benötigt wird. Werden diese Aktien verkauft, wird der Erlös dem Währungskonto gutgeschrieben, so dass zwischenzeitliche Wechselkursverluste nicht realisiert werden müssen.

KGV- und Buchwertstrategien

Review_Icon_0001_HandelskonditionenAktienstrategien mit anderen Kennzahlen funktionieren nach demselben Muster wie die Dividendenstrategie: Initial werden die X Aktien mit der besten Kennzahl gekauft  und einmal pro Jahr wird der Bestand angepasst. Diese Vorgehensweise wird auch mit dem KGV und dem Buchwert so angewendet.

Wichtig: Bei jeder auf Fundamentalkennzahlen basierenden Aktienstrategie muss die notwendige Diversifikation des Portfolios beachtet werden. Legst Du beispielsweise fest, dass maximal zehn Prozent des Gesamtdepots in Versicherungsaktien investiert werden sollen und läge der Betrag aufgrund günstiger Kennzahlen in dieser Branche höher, fallen die schwächsten Aktien des Versicherungssektors aus der Auswahl heraus.

Trendfolge- und Umkehrstrategien

EDU_Icon_0004_Pfeil_hoch_runterEs gibt Anlagestrategien, die sich nicht auf Fundamentalkennzahlen stützen. Trendfolge- oder Momentumstrategien sehen z. B. vor, jeweils die Aktien zu kaufen, die am stärksten gestiegen sind. Der Grundgedanke: Da sich einmal etablierte Trends an den Finanzmärkten oft sehr lange fortsetzen ist hier die Wahrscheinlichkeit weiterer Kursgewinne am größten.

Eine ganz andere Erwartung hegen Anhänger von Umkehrstrategien: Hier werden die Aktien mit der schwächsten Kursentwicklung gekauft – weil deren Potenzial nach oben besonders hoch eingeschätzt wird. Weder Trendfolge- noch Umkehrstrategien sind für die Altersvorsorge besonders gut geeignet, weil die Auswahl nicht auf der Suche nach günstig bewerteter Substanz sondern auf letztlich immer vergänglichen Markttrends beruht.

Wenn der Renteneintritt naht: Das Risiko schrittweise herunterfahren

Review_Icon_0004_SicherheitEs ist der größte anzunehmende Unfall: Du hast 40 Jahre lang erfolgreich in Aktien investiert und sechs Monate vor dem geplanten Beginn Deines wohlverdienten Ruhestands kollabiert die Börse und Dein Portfolio verliert die Hälfte seines Wertes. Statt 500.000 Euro für einen komfortablen Lebensabend sind nur noch 250.000 Euro für das Nötigste vorhanden. Wie lässt sich das verhindern?

Dazu gibt es grundsätzlich mehrere Möglichkeiten. Erstens kann 10 bis 15 Jahre vor dem Renteneintritt damit begonnen werden, den Aktienanteil im Portfolio zugunsten von sicheren Staatsanleihen zu reduzieren. Wenn Du z. B. mit 68 in Rente gehen möchtest kannst Du im Alter von 53 damit beginnen, den Aktienanteil Jahr für Jahr um 5 Prozent zu reduzieren – beim Rentenbeginn ist der Anteil dann auf 25 Prozent gesunken. Eine etwas offenere Variante sieht vor, den Aktienbestand nominal konstant zu halten und lediglich realisierte Kursgewinne und Dividenden in Anleihen zu investieren – auch so sinkt der Aktienanteil langfristig deutlich.

Absicherung mit Derivaten

Review_Icon_0008_ZusatzangeboteViele Aktienbesitzer wollen sich aus gutem Grund nicht schon 10-15 Jahre vor dem Ruhestand und sogar danach nicht von ihren Beständen trennen – schließlich bieten Aktien die besten Ertragsperspektiven und einen sehr viel besseren Inflationsschutz als z. B. Anleihen. Eine mögliche Lösung besteht in der Absicherung des Aktiendepots mit Derivaten.

Derivate ermöglichen es, mit kleinem Einsatz an fallenden (!) Kursen zu partizipieren. Am häufigsten werden Put-Optionsscheine dazu eingesetzt. Ein Put-Optionsschein garantiert Dir einen Kurs, zu dem Du Deine Aktien in der Zukunft garantiert verkaufen kannst. Fallen die Kurse, greift die Garantie und Dir bleiben Verluste erspart wie bei einer Versicherung. Dafür fallen für den Optionsschein Kosten an – in der Regel mindestens einige Prozentpunkte des Depotwertes.

90/10-Strategie

EDU_Icon_0021_OptionenBesteht die Altersvorsorge ganz über überwiegend aus Aktien und muss das Aktienportfolio beim Renteneintritt in eine sichere, monatliche Rente umgewandelt werden, müssen Risiken ganz ausgeschlossen werden. Zum Zeitpunkt R (für Ruhestand) muss ganz unabhängig von der Kurs- und Dividendenentwicklung der Geldbetrag X zur Verfügung stehen. Dann gibt es zwei Möglichkeiten.

Entweder kaufst Du so viele sichere, festverzinsliche Wertpapiere, dass deren Erträge zum Zeitpunkt R den Betrag X allein bereitstellen und selbst ein Totalverlust in allen Aktien sich nicht auf Deine Rente auswirken würde. Ein Beispiel: Dein Depot ist heute 100.000 Euro wert und in sieben Jahren brauchst Du genau diese 100.000 Euro für Deine Rente. Der Zinssatz für sichere Anleihen mit sieben Jahren Laufzeit beträgt zu diesem Zeitpunkt 3,5 Prozent. Deshalb legst Du 78.600 Euro in diesen Anleihen an. Nach sieben Jahren stehen mit Zins und Rückzahlung genau 100.000 Euro zur Verfügung. 21.400 Euro werden nicht für die Anleihen benötigt und in Aktien investiert.

Die zweite Möglichkeit funktioniert so ähnlich und wird auch als 90/10-Strategie bezeichnet. Das Prinzip: 90 Prozent des verfügbaren Geldes werden in sichere Anleihen investiert, 10 Prozent in Aktienoptionen. Auch eine 95/5-Kombination ist denkbar. Der größte Teil des Portfolios ist dann risikolos. Die Aktienoptionen bringen bei deutlichen Kurssteigerungen am Aktienmarkt hohe Gewinne. So lassen sich Planbarkeit und Ertragschancen kombinieren.

Wir halten fest: 

  • Aktien bieten hohe Ertragschancen und einen Inflationsschutz
  • Die Risiken lassen sich steuern  –  Aktien sind für die Altersvorsorge nicht riskant
  • Mit gezielten Auswahlstrategien sind die Ertragschancen besonders gut 

Fazit:

Review_Icon_0000_FinanzprodukteDer Aktienmarkt ist für die private Altersvorsorge eine der besten Adressen überhaupt, weil Kursgewinne und Dividenden bessere Ertragschancen bieten als z. B. Anlagen in Festgeld oder Staatsanleihen. Natürlich gibt es Risiken – die lassen sich aber steuern und mit Blick auf den nahenden Renteneintritt schrittweise und nach Belieben reduzieren. Eine ganz wichtige Instanz für die Altersvorsorge blieb bislang außen vor: Was Du über die Versteuerung von Aktienerträgen an das Finanzamt wissen musst erfährst Du in der nächsten Lektion.

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