Strategie: aktiv handeln oder langfristig Geld in Aktien anlegen?

LEKTION 5: BASISSTRATEGIE: BESSER AKTIV HANDELN ODER LANGFRISTIG GELD IN AKTIEN ANLEGEN?

Andre Kostolany hielt viel von langfristigen Investitionen in den Aktienmarkt: „Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach vielen Jahren werden Sie sehen: Sie sind reich“. In der Tat lässt sich nachweisen, dass Aktien auf lange Sicht fast immer die richtige Karte waren. Das schließt gezielte kurzfristige Spekulationen aber keinesfalls aus.

In dieser Lektion erfährst Du: 

  • Warum Geduld am Aktienmarkt meistens auszahlt
  • Nach welchen Methoden Gurus wie Warren Buffett Aktien auswählen
  • Was es mit Daytrading, Swing-Trading und Positionstrading auf sich hat
  • Wie sich kurzfristige und langfristige Ansätze kombinieren lassen

Banker weisen gerne darauf hin, dass Investitionen am Aktienmarkt einen mehrjährigen Anlagehorizont voraussetzen: Das Geld, das Du heute in Aktien investierst solltest Du nicht schon in einigen Monaten für offene Rechnungen oder die Anzahlung für ein neues Auto benötigen. Doch was genau bedeutet eigentlich „langfristig investieren“? Langfristig investieren bedeutet, einmal gekaufte Aktien für einen langen Zeitraum unabhängig von der zwischenzeitlichen Kursentwicklung zu halten. Langfristige Investoren betrachten Schwankungen der Kurse als „Rauschen“, das ignoriert werden sollte. Stattdessen gilt es, an der langfristigen Entwicklung von Unternehmen, ihren Gewinnen und dem gesamten technischen Fortschritt der Menschheit zu partizipieren.

Wie gut war „langfristig“ in der Vergangenheit?

EDU_Icon_0002_ChartsDem Schlafmittel-Empfehlung von Kostolany steht der Ausspruch des Wirtschaftsexperten John Maynard Keynes entgegen: „Langfristig sind wir alle tot“. Doch wer liegt nun richtig? Es spricht vieles dafür, dass Aktien langfristig die höchste Rendite aller Anlageklassen erwirtschaften, wenn Verluste durch Inflation berücksichtigt werden (Wie Du in Lektion 2 sehen konntest schützen Aktien als Sachwerte gegen Inflation, die langfristig immer wieder auftritt).

Gregor Giebel vom Deutschen Aktieninstitut hat in einer Studie die realen (d. h. um Inflation bereinigten) Aktienrenditen für deutsche Aktien für den Zeitraum von 1870 bis 2004 untersucht. In die Zeit fallen die Gründung des Deutschen Kaiserreichs, die bis heute nicht vergessene Hyperinflation von 1923, zwei Weltkriege, das deutsche Wirtschaftswunder, die Ölkrise, die Deutsche Wiedervereinigung, der New-Economy-Boom inklusive Zusammenbruch des Neuen Marktes und 9/11. Die Quintessenz der Studie: Pro Jahr ließen sich in jenen bewegten 134 Jahren mit Aktien jedes Jahr 4,6 Prozent  plus (!) Inflation erwirtschaften.

Dabei betrachtete die Studie den sehr breit gefassten Gesamtmarkt: Wenn Aktien gezielt anhand bestimmter Qualitätskriterien ausgewählt werden, ist wahrscheinlich noch mehr möglich. Das zeigt, dass „langfristig“ in der Vergangenheit eine sehr gute Strategie war, wenn die zwischenzeitlichen und mitunter sehr extremen Schwankungen ausgehalten werden können.

So wählt Warren Buffet gute Aktien aus

EDU_Icon_0022_UmziehenEine solche gezielte Auswahl nimmt z. B. der bekannte Investment-Guru Warren Buffet vor. Buffet gehört zu den reichsten Männern der Welt und verdiente mit seinem Beteiligungsunternehmen Berkshire Hathaway (das selbst an der Börse notiert ist) zig Milliarden US-Dollar. Buffet selbst stützt sich auf die Strategien von Benjamin Graham, die dieser bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte und die bis heute nichts an Gültigkeit eingebüßt haben. Es geht darum, qualitativ hochwertige Substanzunternehmen zu günstigen Kursen zu kaufen. Für Investoren wie Buffett sind Kursschwankungen kein Risiko, sondern die Chance auf ein Schnäppchen!

Graham und Buffet ließen und lassen den Zeitgeist, aktuelle Trends und Hypes stets links liegen. Im Fokus von Buffett-Strategien stehen dagegen Substanzwerte: Aktien von Unternehmen, die in ihren Markt über eine starke Position verfügen, hochwertige Produkte herstellen und gemessen an Gewinn, Umsatz und Dividende günstig bewertet sind. Mehr über die entscheidenden Fundamentaldaten zur Aktienauswahl erfährst Du in Lektion 6.

Daytrading und Co.: Schnelle Gewinne mit der richtigen Strategie

EDU_Icon_0008_SparplanLangfristige und fundamental (also an realen Wirtschafts- und Unternehmensdaten ausgerichtete) Strategien sollten strikt von kurzfristigen Strategien unterschieden werden. Es macht keinen Sinn, Daytrading mit Buffet-Style zu vergleichen: Ein Tisch ist nicht besser als ein Stuhl, sondern dient lediglich anderen Zielen. Das Ziel kurzfristiger Strategien besteht darin, von Kursschwankungen unabhängig von den Fundamentaldaten zu profitieren. Wenn Du Dich mit dieser Materie auseinandersetzt wirst Du recht schnell auf die Begriffe „Daytrading“, „Swingtrading“ und „Positionstrading“ stoßen.

Daytrading wird auch als Intraday Trading bezeichnet und meint definitionsgemäß zunächst lediglich, dass Positionen innerhalb eines Handelstages eröffnet und wieder geschlossen werden. Dabei werden sehr unterschiedliche Strategien angewandt. Swingtrading kann eine Daytrading-Strategie sein, sich aber auch auf längere Zeithorizonte beziehen.

Beim Swingtrading wird nach bestimmten Mustern nach günstigen Einstiegszeitpunkten gesucht: Positionen werden z. B. eröffnet, nachdem eine Korrektur stattgefunden hat und die Wahrscheinlichkeit einer Fortsetzung des eigentlichen Trends besonders hoch ist.

Breakout-Trader suchen nach bestimmten Signalen im Chart: Als Ausbruch (Breakout) wird z. B. das Überschreiten eines Widerstands und das Unterschreiten einer Unterstützung bezeichnet. Auch der Bruch wichtiger Trendlinien oder entscheidender Marken bei  Kursformationen wie z. B. Schulter-Kopf-Schulter liefern Breakout-Tradern Signale.

Positionstrader verfolgen meist längerfristige Trends von mindestens 3-6 Monaten, häufig auch mehr als 12 Monaten Dauer. Wird z. B. ein mittel- oder langfristiger Aufwärtstrend bei einer Aktie ausgemacht wird diesem solange gefolgt, bis es zum Trendbruch (also dem Übergang in einen Abwärts- oder Seitwärtstrend) kommt. Momnetum-Trader sind dieser Definition zufolge meistens Positions-Trader.

Daytrading vs. Buffet: Was sind die Vor- und Nachteile?

EDU_Icon_0004_Pfeil_hoch_runterEgal ob Du langfristig investieren oder „traden“ im eigentlichen Sinne möchtest: Du solltest wissen, wo die Stärken und Schwächen Deiner Strategie liegen. Dabei geht es nicht darum, die „bessere“ Methode zu finden, weil wie bereits angesprochen eine hinreichende Vergleichbarkeit ohnehin nicht gegeben ist.

Der größte Vorteil des Langzeitinvestoren: Mit genügend Zeit gewinnt er eigentlich immer, wenn das Portfolio gut diversifiziert wurde. Wer selten bis nie etwas am Aktienbestand ändert spart sich Transaktionsgebühren und zahlt bis zur finalen Realisierung der Gewinne keine  Cent Steuern auf Kurszuwächse. Solange die Weltwirtschaft wächst werden große Unternehmen davon profitieren – und mit ihnen die Aktionäre. Langfristig orientierte Investoren müssen keine Marktberichte lesen oder Charts studieren und sich keine Gedanken um die Konjunktur oder die Geldpolitik machen.

Dafür kann sehr viel Geduld erforderlich sein  – und zwar mehr als die Anhänger langfristiger Strategien gerne zugeben. Im Extremfall kann es Jahrzehnte dauern, bis nach dem Kauf einer Aktie deren Anfangswert wieder erreicht ist – noch nicht berücksichtigt den realen Verlust durch Inflation. Das ist insbesondere der Fall wenn der Einstieg zu einem historisch ungünstigen Zeitpunkt erfolgt – etwa Ende der 1920er Jahre oder – wie im prominenten Fall der T-Aktie – um die Jahrtausendwende. Eine breite Diversifikation und die  Aufteilung des Einstiegs auf mehrere Zeitpunkte reduzieren dieses Risiko.

Kurzfristige und langfristige Strategien kombinieren

Review_Icon_0001_HandelskonditionenDie Vorteile kurzfristiger Trading-Strategien liegen auf der Hand: Im besten Fall werden innerhalb weniger Stunden die Gewinne erzielt, auf die sonst Jahre gewartet werden muss. Trader müssen nicht lange auf einen Wirtschaftsaufschwung oder bessere Zeiten für ein Unternehmen und eine Branche hoffen – sie können von steigenden und fallenden Kursen gleichermaßen profitieren. Dafür können auch sehr rasch Verluste anfallen – die durch die vielen Transaktionskosten noch verstärkt werden. Außerdem ist der Zeitwaufwand für aktives Trading trotz PC, Internet und Algorithmen höher.

Die Kombination von langfristiger Anlagestrategie und kurzfristigen Trading-Strategien kann durchaus sinnvoll sein. Auch Die alte Börsenweisheit „Greife nie in ein fallendes Messer“ gilt auch auch für Investoren. Selbst wenn eine Aktie bereits unterbewertet ist kann sie infolge der allgemeinen Marktentwicklung nochmal die Hälfte ihres Wertes verlieren, bevor der Kurs nach oben dreht. Mit geeigneten Methoden wie z. B. Trend- und Kursmusteranalyse lässt sich ein geeigneter Einstiegszeitpunkt bestimmen.

Wir halten fest: 

  • Sowohl langfristige als auch kurzfristige Strategien erfüllen ihren Zweck
  • Trading-Strategien können mit dem „Buffett-Style“ kombiniert werden
  • Langfristige Investitionen waren in der Vergangenheit erfolgreich 

Fazit:

Review_Icon_0000_FinanzprodukteAktien sind für kurzfristig orientierte Trader genauso wie langfristig orientierte Investoren attraktiv – vor allem, wenn die richtigen Methoden zur Aktienauswahl und zur Suche nach einem günstigen Einstiegszeitpunkt gewählt werden. Wie die Fundamentalanalyse und die Technische Analyse Dir dabei helfen und wie man beide Ansätze kombiniert anwenden kann erfährst Du in Lektion 6.

LEKTION 6: AKTIENAUSWAHL: FUNDAMENTALANALYSE, TECHNISCHE ANALYSE ODER BEIDES?